Deutsch zum Anbeissen




In unseren Kursen ist aktive Mitarbeit und Kreativität seitens der Studenten angesagt. Projekte, Gruppenarbeiten, Vorträge und das Verfassen eigener Texte gehören zum Programm. Diese Seite soll einen kleinen Einblick in die Ergebnisse dieser Arbeit gewähren, anhand einiger Beispiele aus verschiedenen Kursen.



...aus dem Kurs Spiegelschrift

In Macondo mußte man einen Zettel auf die Dinge kleben, um die Namen der Sachen nicht zu vergessen. Langsam wurde die Erinnerung von den Leuten schlechter, bis sie auch eine Erklärung über den Gebrauch dieser Sachen brauchten. Deshalb haben die Einwohner eine ganze Menge Zettel überall aufgeklebt. So hat das Leben in Macondo funktioniert, bis die Leute vergessen haben, wie man die Zettel lesen sollte ...

Warum ich an Macondo denke, weiß ich nicht. Bis jetzt kann ich noch lesen und ich bereite jeden Morgen den Kaffee mit der Kaffeemaschine zu. Ich zünde die Kerze an, wenn ich Besuch bekomme, und ich glaube, ich wäre noch fähig, einen Fernseher anzumachen, obwohl ich seit Oktober keinen angemacht habe.

Trotzdem denke ich an Macondo. Ich sehe seine alten Straßen, so alt wie der älteste Einwohner, der noch zur Rasse der Stadtgründer gehört; ich sehe die Kühe mit den Zetteln zwischen den Hörnern: "Das ist eine Kuh. Die Kuh gibt Milch. Man muß die Kuh jeden Morgen melken, um Milch zu trinken."

"Der erste Schritt in die Narrheit", denke ich, während ich über die Straße gehe. Plötzlich wird die Ampel rot. Es kommt kein Auto. Ich gehe über die Straße. Eine alte Dame zeigt mit dem Finger auf das Schild an der Ampel: "Bei Rot stehen. Bei Grün gehen." Ich lächele und gehe weiter, während meine Augen ein neues Schild treffen: "Einfahrt freihalten. Parken verboten." "Keine Werbung" steht auf fast allen Briefkästen auf dem Weg zur Universtiät. "Bitte Schuhe reinigen". Ich reinige meine Schue. Ich mache die Tür zu. Ich spreche leise ab 10 Uhr. Ich rauche nicht (eigentlich habe ich nie geraucht). Ich denke noch immer an Macondo, während ich durch den Ausgang rausgehe. Ich fühle mich ganz mutig, weil ich die Treppe auf meine eigene Gefahr benutze. Ich zähle zwar den Rest sofort nach, aber ich weiß nicht, was ich nachzähle, weil ich mich frage, ob die Einwohner von Macondo einen Zettel auf die Zettel kleben mußten, auf dem steht: "Das ist ein Zettel. Man muß den Zettel lesen, um zu wissen, was man mit der Sache machen soll."

Wieder zu Hause füttere ich die Haushaltskasse mit 10 DM, damit wir das Klopapier nicht rationieren müssen, und ich versuche, wieder erfolglos, die Tür der Küche aufzumachen, ohne Lärm zu machen.

Gestern morgen bin ich zur Universität mit einem Zettel auf dem Rücken gegangen: "Ich bin eine Person. Man pflegte mit mir zu sprechen. Ich habe - außer Augen - Ohren und Mund. Es macht Spaß, wenn man sich mit mir unterhält. Probiert es mal!!!" Der letzte Schritt in die Narrheit, dachten viele. Der erste in die Würde, denke ich.

Studentin aus Katalonien


Ich nehme mein Zuhause immmer mit

Ich habe einen kleinen Koffer,
in den alles paßt,
und ich nehme ihn immer mit.

Er umfaßt wohlbekannte Dinge,
weit entfernte Freunde
und meine großen Träume.

Jeden Tag kommt etwas Neues in den Koffer:
neue Freunde, Einsichten oder eine ganze Stadt -
es paßt alles rein, und das locker.

Manchmal packe ich ihn aus
und bewundere meine Sammlung.
Und wenn es kalt ist und es regnet draußen
passe ich auch in den Koffer rein.

Student aus den USA

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